Etliche Studien belegen inzwischen, dass der Mensch sich nicht von Fleisch oder tierischen Erzeugnissen ernähren muss, um gesund zu bleiben. Veganer sind davon überzeugt, nicht nur die gesündeste Lebensweise zu verfolgen, sondern vor allem besonders nachhaltig zu leben. Diese Lebensweise wollen sie an ihre Kinder weitergeben – und das beginnt bei der Ernährung. Doch eignet sich vegane Ernährung überhaupt für Kinder und was muss beachtet werden, damit das ihrer Entwicklung guttut?
Vegane Ernährung – eine Frage der Zusammensetzung
Genauso viele Studien weisen inzwischen darauf hin, dass vegane Ernährung eine sehr gesunde Lebensform ist und nicht nur die Umwelt schont, sondern auch die individuelle Gesundheit. Allerdings beziehen sich die meisten dieser Studien auf Erwachsene; wie sich der vegane Lebensstil auf Kinder und ihre Entwicklung auswirkt, muss getrennt betrachtet werden. Vor allem gelten nicht die gleichen Ernährungsgrundsätze wie für vegan lebende Erwachsene. Heranwachsende haben noch ganz andere Bedürfnisse als Erwachsene, denn alleine der Knochenbau und die geistige Entwicklung erfordern Nährstoffe in Mengen und Kombinationen, die ein Erwachsener nicht mehr unbedingt braucht. Werden diese Bedarfe aber gestillt, dann spricht nichts dagegen, bereits die Kleinsten an eine vegane Lebensweise heranzuführen.
Können Babys vegan leben?
Die klare Antwort lautet: nein. Babys sollten sich ausschließlich von Muttermilch ernähren, bis sie das erste Mal Interesse an der Nahrung der Eltern zeigen und die ersten Breie als Beikost bekommen. Muttermilch ist streng genommen ebenfalls ein tierisches Produkt. Allerdings kann die Qualität der Muttermilch durch vegane Ernährung der Mutter positiv beeinflusst werden. Ernährt sie sich gesund, gehen die gesunden Bestandteile der Nahrung in die Muttermilch für ihren Säugling über – und unter diesen Umständen muss sich ein Baby selbst überhaupt nicht vegan ernähren. Würden alle Lebewesen so hochwertig ernährt und humaner behandelt, als das in der Massentierhaltung möglich ist, dann hätte so mancher Veganer ebenfalls kein Problem mehr mit dem Verzehr tierischer Erzeugnisse oder gar Fleisch.
Knochenbildung und vegane Lebensweise
Essenziell für den Knochenbau ist Calcium. Viele vegane Erwachsene haben von ihren eigenen Eltern dafür Milch in rauen Mengen bekommen. Dabei liefern vegane Lebensmittel wesentlich mehr Calcium als Milchprodukte. Sehr gute Calciumquellen sind:
- Sesamsamen
- Brokkoli
- Grünkohl
- Sojafleisch
- Mineralwasser (unbedingt vergleichen, die Calciumgehalte sind sehr unterschiedlich!)
Die Calciumaufnahme wird durch genug Vitamin D gefördert, weshalb vegan lebende Kinder sich viel draußen aufhalten sollten. Gehemmt wird die Aufnahme durch Oxalsäure in Spinat und Phytinsäure in Getreide, weshalb diese Lebensmittel nicht mit Calciumquellen kombiniert werden sollten.
Das „Mangel-Vitamin“ B12
Vegane Ernährung soll einen Mangel an Vitamin B12 mit sich bringen, denn dieses sei nur in tierischen Erzeugnissen in ausreichend hohen Mengen nachzuweisen. Es gibt zwar Studien über Naturvölker, die sich tierfrei ernähren und keinen B12-Mangel haben, ebenso wie es heute Veganer gibt, die diesen Mangel nicht kennen. Das Risiko besteht jedoch. Ein Säugling braucht davon täglich 0,4 µg, ein 10-jähriges Kind bereits 2,4 µg. Gute Quellen sind:
- Lupinen, Erbsen oder Bohnen
- rote Bete
- Petersilie
- Getreidekeime
- milchsauer vergorenes Gemüse (Sauerkraut, saure Bohnen)
- Meeresalgen (Spirulina, Nori, Chlorella)
Bei Pflanzen ist wichtig, dass sie auf humusreichem Boden gewachsen sind. Frisches Gemüse vom Bauern ist oft B12-haltiger als Supermarktgemüse, selbst wenn dieses Bio-Qualität hat.
Zink, Eisen und Co. – Mineralstoffe für vegane Kinder
Mineralstoffe werden von Omnivoren aus Fleisch bezogen und wenn Veganer nicht auf Ersatz achten, kommt der Mangel schnell. Zink ist für das gesunde Zellwachstum notwendig und Eisen für die Bildung roter Blutkörperchen – all das ist nicht nur für Kinder lebenswichtig. Auch die meisten anderen Mineralstoffe sind für lebenswichtige Prozesse unabdingbar. Eine Supplementierung ist nicht immer notwendig, es genügt die richtige Zusammensetzung der veganen Ernährung. Bei Kindern müssen Mineralstoffe jedoch an ihren Tagesbedarf angepasst werden, denn sie können überdosiert werden und führen dann schlimmstenfalls zu Symptomen.
Proteinreiche vegane Ernährung im Kindesalter
Kinder brauchen angeblich nicht nur wegen der enthaltenen Mineralstoffe Fleisch, sondern auch aufgrund des Proteingehalts. Ganz verkehrt ist das nicht, denn jetzt baut sich über die Jahre immer mehr notwendige Körpersubstanz auf und diese besteht zum Großteil aus Proteinen. Allerdings gibt es heutzutage kaum Fleisch in der Qualität zu kaufen, die für ein Kind wirklich geeignet wäre. Genau wie vegane Erwachsene muss bei der Ernährung für die Kleinen also auf pflanzliche Proteinlieferanten gesetzt werden. Die meisten Menschen nehmen jedoch ohnehin schon zu viel Protein zu sich, sodass sie sich keine Sorgen machen müssen. Hülsenfrüchte, Gemüse wie Spinat oder Brokkoli, Getreide, Nüsse und Samen enthalten Protein in ausreichenden Mengen, um den Proteinbedarf von Kindern zu decken.
Ist mein Kind noch gesund?
Eltern, die ihre Kleinen vegan ernähren, wollen ihnen damit zu einem gesunden Lebensstil verhelfen und ihnen gleichzeitig aufzeigen, wie sie in der heutigen Welt ethisch konsumieren können. Schließlich sollen sie die Erde für die nächsten Jahrzehnte ebenfalls noch genießen können. Vegane Ernährung ist allerdings nicht immer einfach und wer sich nicht eingehend mit Tagesbedarfen, Aufnahme von Nährstoffen und Aufnahmehemmung durch Kombination mit anderen Lebensmitteln befasst, kann durchaus eine Mangelerscheinung entwickeln. Erwachsene lassen sich daher regelmäßig beim Hausarzt Blut abnehmen und kontrollieren, ob ein Mangel vorliegt. Theoretisch wäre das auch bei einem Kind der richtige Ansatz, um sich selbst die Sorge zu nehmen, dass die Ernährung stimmt. Anders lässt sich ein Mangel leider nicht frühzeitig erkennen – erst dann, wenn bereits Symptome entstanden sind. Beim Kind ist das aber ernst, denn es steckt noch mitten in seiner Entwicklung und kann jetzt keinen Mangel riskieren.
Vorsicht vor veganem Junk Food
Pizza mit Sojakäse, Sojaburger, vegane Kekse und Gummibärchen, Fertiggerichte auf Quinoa-Basis… viele Veganer wollen das Tierleid auf der Welt reduzieren, die eigene Gesundheit aber setzen sie aufs Spiel. So schön es ist, dass die vegane Lebensweise inzwischen in der Gesellschaft angekommen ist – die industriell gefertigten veganen Ersatzprodukte sind mindestens genauso ungesund, wie jeden Tag an der Imbissbude zu essen. Heranwachsende sollten vor solchen vermeintlich gesunden veganen Alternativen ferngehalten werden, denn das hat nichts mit gesunder Ernährung und schon gar nichts mit altersgerechtem Essen zu tun. Vielmehr wird den Kleinen damit ein ganz falsches Bewusstsein für die Ernährung beigebracht und riskiert, dass sie sich später im Erwachsenenalter trotz aller guten Vorsätze alles andere als gesund ernähren. Dann lieber gemeinsam auf den Wochenmarkt oder zum Bauernhof fahren und dem Nachwuchs dort beibringen, wie schön es ist, wenn es den Tieren gut geht und trotzdem alle satt und glücklich werden.
Wie mit den Meinungen anderer umgehen?
Verwandte, die Familie des Partners, andere Eltern in Kindergarten und Schule, Aufsichtspersonen und sogar Kinderärzte werden genau wie die Eltern selbst mit allerlei Informationen bombardiert, welche Ernährung für Kinder denn nun richtig sein soll. Jeder hat eine andere persönliche Meinung. Für vegane Eltern bedeutet das aber, dass sie ständig den Vorwurf bekommen werden, ihr Kind werde falsch ernährt. Es kursieren etliche Empfehlungen dazu, dass in so jungen Jahren die vegane Ernährung noch ganz falsch sei und den Kleinen sogar regelrecht schaden könne. Zunächst einmal gilt: niemand kann den Eltern vorschreiben, wie sie ihr Kind zu ernähren und zu erziehen haben. Solange es nicht unterernährt ist oder bei Krankheitsanzeichen oder Mangelerscheinungen keine ärztliche Hilfe geholt wird, entscheiden die Eltern, was zu Hause auf den Tisch kommt – sonst niemand. Mit diesem Wissen im Hinterkopf kann jeder vegane Elternteil selbst entscheiden, wie mit anderen Meinungen umgegangen wird. Manche machen deutlich, dass sie nicht bereit sind, darüber zu diskutieren. Andere liefern gern Argumente für ihre Entscheidung und freuen sich, wenn sie darüber aufklären können, wie gesund eine durchdachte vegane Lebensweise sein kann.
Fazit: (Durchdachte) vegane Ernährung für Kinder ist möglich
Veganes Essen ist nicht ganz selbsterklärend – aber jeder kann lernen, sich gesund vegan zu ernähren. Dazu gehört es, sich intensiv mit dem Thema Ernährung zu befassen, und das täte auch vielen nicht veganen Menschen ganz gut. Spätestens bei der Umstellung auf eine vegane Lebensweise wird es aber zur Notwendigkeit, ob nun für Erwachsene oder für die Kleinsten am Tisch. Andernfalls riskiert man Mangelernährung – das ist Fakt. Auch ein Kind kann von veganer Kost leben, gesund heranwachsen und von Anfang an einen ethischen Zugang zum Konsum erlernen, wenn sich die Eltern ausreichend mit der Zusammensetzung der Nahrung befasst haben. Denkbar ist es natürlich auch, dass sich die Eltern selbst vegan ernähren und ihrem Kind die Möglichkeit offenlassen, indem sie abwechselnd Gerichte mit Fleisch und nach veganen Grundsätzen für den Nachwuchs zubereiten. Dadurch lernt es beide Welten kennen und steht viel eher hinter der Entscheidung, vegan zu leben, wenn es das auch selbst möchte. Letztlich ist es eine persönliche Entscheidung, die nur innerhalb der Familie getroffen werden kann, ob ein Kind vegan ernährt werden soll oder nicht. Weitere Informationen dazu findet ihr außerdem auf totalvegan.de.